HAMBURGER ABENDBLATT

Uznam – tam gdzie Bałtyk nie jest do końca odkryty

Podzielona wyspa: od dnia wejścia Polski do Unii Europejskiej coraz więcej obywateli Niemiec kupuje hotele i inne nieruchomości po drugiej stronie granicy. "Zakupy to początek, później zaczną nawiązywać się przyjaźnie".

Ahlbeck/Swinemünde. Piotr Romanowicz (37) hat derzeit viel zu tun. Bei dem polnischen Makler melden sich immer häufiger Deutsche, die im Nachbarland Immobilien kaufen wollen. "Seit dem EU-Beitritt Polens ist das Interesse deutlich gestiegen", sagt der smarte Geschäftsmann im besten Deutsch. 100 Anfragen laufen in seinen neun Büros zwischen Stettin (Szczecin) und Swinemünde (Swinoujscie) jeden Monat auf. "Häuser, Apartments, auch kleine Hotels werden gesucht. Mehr als wir anbieten können", so Romanowicz. Ort der Begierde: die polnische Ostseeküste, besonders der Osten Usedoms und die Nachbarinsel Wolin. Noch sind die Preise dort um ein Drittel bis die Hälfte günstiger als in Deutschland.

Silke und Jörg Krüger haben schon 1994 mit polnischen Freunden ein kleines Hotel in dem einst deutschen Kur- und Badeort Misdroy (Miedzyzdroje) ersteigert und saniert. "Es war damals einfach eine Idee", sagt Silke Krüger, die mit ihrer Familie in Kleinmachnow bei Berlin lebt. Anfangs sei die Stimmung im Ort durchaus gespalten gewesen. Inzwischen ist das deutsch-polnische Investment anerkannt. "Und wir sind gut besucht", so die Nebenerwerbs-Hotelbesitzerin. Viele Deutsche fahren in das ruhige Seebad und nutzen die günstigen Preise. Zunehmend, sagt die Pionierin zufrieden, kämen aber auch Polen in das schickste Hotel am Platz.

Grunderwerb als Schritt zur Völkerverständigung. "Die Deutschen sind willkommen", sagt Janusz Zmurkiewicz (56), Stadtpräsident von Swinemünde. An vielen Ecken in der 45 000-Einwohner-Stadt wird inzwischen gebaut. An der einst mondänen Strandpromenade erstrahlen die ersten Villen wieder im alten Glanz. Nicht selten stecken Deutsche hinter den Investitionen. "Das ist doch gut für die Stadt", sagt der Politiker der sozialdemokratischen SDL. Von Ängsten vor einer Verdrängungswelle durch die Deutschen will er nichts wissen. "Wir müssen gemeinsam versuchen, Usedom attraktiver zu machen", läßt Zmurkiewicz von seiner Europa-Beauftragten Lidia Miecznik übersetzen.

Soweit die Einsicht. Doch der Weg zu deutsch-polnischer Zusammenarbeit in einem gemeinsamen Europa erweist sich als äußerst mühselig. Das zeigt sich auf der 1945 geteilten Insel wie unter einem Brennglas.

Beispiel Europabus: Seit dem 1. Mai pendelt die von einem hannoverschen Unternehmen betriebene Linie zwischen den Kaiserbädern Bansin, Heringsdorf, Ahlbeck auf der deutschen Seite nach Swinemünde. Weil das Schengener Abkommen für Polen erst von 2008 an gelten soll, müssen die Fahrgäste vor der Grenze in Ahlbeck aussteigen, diese zur Paßkontrolle zu Fuß überqueren, um auf der polnischen Seite in einen identischen Bus wieder einzusteigen. In der ersten Saison traf das 80 000 Fahrgäste. "Wir haben eine Ausnahmegenehmigung beantragt", sagt der Ahlbecker Bürgermeister Klaus Kottwittenborg (47). "Aber bislang wurde sie nicht erteilt."

Während bei diesem Projekt deutsche und polnische Usedomer an einem Strang ziehen, zeigen sich bei der künftigen Verkehrsführung auf der Urlauberinsel deutliche Interessenkonflikte - schon auf der in 27 Dörfer zersplitterten deutschen Seite. Hauptstreitpunkt ist die Öffnung eines weiteren Grenzübergangs, nahe dem im südlichen Usedom gelegenen Garz. Die Polen möchten über eine feste Swine-Querung eine Straßenanbindung schaffen. Die Deutschen sind strikt gegen jede weitere Verkehrsbelastung auf dem neu hergerichteten Vorzeige-Eiland. Doch die auf beiden Seiten ersehnten EU-Fördermittel wird es absehbar nur für gemeinsame Projekte geben.

Aber nicht nur unterschiedliche Interessen zwischen Stadt und Land, gesetzliche Vorgaben oder die Sprachbarriere erschweren die von allen beschworene Kooperation. "Es gibt eine allgemeine Zurückhaltung gegenüber den Polen", sagt Gerd Schulz (57) vorsichtig. Der Hotelier aus Kölpinsee ist Chef des Tourismusverbandes auf der deutschen Inselseite. Er wurde offen angefeindet und als "Polenadel" beschimpft, als er anläßlich des EU-Beitritts am 1. Mai ein großes Fest organisierte. "Dahinter", sagt er tapfer, "steckt die Angst vor neuer Konkurrenz aus dem Osten." Aber er weiß natürlich auch, daß es oft einfach nur Vorurteile sind. Und ein tiefes Gefühl von Fremdheit auf beiden Seiten der Grenze.

Das verliert allerdings sichtlich an Bedeutung, wenn es um den eigenen Geldbeutel geht. Nach wie vor zieht jeden Tag eine lange Karawane von Menschen über den Ahlbecker Grenzübergang Richtung Polen und kommt abends mit vollgepackten Beuteln und Taschen zurück. Lebensmittel sind in Polen viel günstiger. In festen Buden bieten polnische Händler ihre Waren feil - der "Polenmarkt", den die Menschen in Swinemünde "Deutschenmarkt" nennen. Manuela Ulrich (40) schiebt mit einem vollbeladenen Buggy durch die schmale Gasse. "Es ist hier viel billiger", sagt die Frau aus dem thüringischen Oberhof, die mit ihren Söhnen Philipp (14) und Paul (3) in Ahlbeck eine Mutter-Kind-Kur macht. In der Stadt war sie auch, aber "die ist mir zu gefährlich".

Doch immer häufiger trauen die Deutschen, Einheimische wie Urlauber, sich auch in Supermärkte und Geschäfte. Auch Dienstleistungen nehmen sie zunehmend in Anspruch. "Ich gehe zwei-, dreimal die Woche rüber", sagt Ilse Kurzmann (77). Friseur, Optiker, Zahnarzt - in Swinemünde spare man ein Drittel. Die alte Dame aus Zirchow ist eine der wenigen, die sich noch gut an die Zeit erinnert, als Swinemünde zu Deutschland gehörte. "Ich habe vor 1945 hier meine Ausbildung bei der Sparkasse gemacht", sagt sie. Inzwischen hat sie auch erste Kontakte geschlossen. An diesem Herbsttag sind ihre beiden Töchter zu Besuch. Sie wollen zum Bummel in die Stadt - fast wie früher, nur in Europa.

Auch wenn sich angesichts der strengen Übergangsregelungen des polnischen EU-Beitritts auf den ersten Blick noch nicht so viel geändert hat im Grenzgebiet, wächst neue Selbstverständlichkeit und ein neues Selbstbewußtsein im Umgang miteinander. Deutsch-polnische Hinweisschilder im Heringsdorfer Freitzeitbad und die zweisprachigen Klassen der beiden Inselgymnasien sind nur Beispiele. Zunehmend kommen auch polnische Schnäppchen-Jäger nach Deutschland - mit Euro in der Tasche. "Shampoo, Schokolade und Wein sind hier einfach besser", sagt Monika Zarynska, die in Swinemünde für grenzüberschreitende Tourismusprojekte zuständig ist.

Immobilienmakler Romanowicz geht die Annäherung viel zu langsam. Wenn die Deutschen nicht kommen, dann machen es andere. "Die Region hat großes Potential." Er selbst, erzählt er bei Kaffee und gedämpfter Jazzmusik in seinem supermodernen Büro in Swinemünde, habe schon als Schüler Deutschland kennenlernen wollen. Deshalb studierte er zuerst Germanistik in Stettin, später Betriebswirtschaftslehre in Köln. "Das war der Zug zur Freiheit, zur freien Marktwirtschaft." Jetzt hat er eine Verbindung gefunden - die auch noch Geld bringt. "Das Zusammenwachsen geht nur über persönliche Beziehungen", sagt er aus eigener Erfahrung. "Einkaufen ist ein Anfang, dann kommen auch die Freundschaften."

© Hamburger Abendblatt 2019 – Alle Rechte vorbehalten.

 

 

O nas w mediach > Powrót do listy tytułów